Irgendwann habe ich mir mal eingebildet, dass ich so ein kleines Kompakt-PA-System brauche, falls ich mal ein Akustik-Setup oder eine Party in kleinerem Rahmen beschallen möchte. Nach einiger Recherche habe ich dann ein Behringer EPM500MP3 System defekt beim Auktionshaus meines Vertrauens ersteigert:
So sieht das System aus: zwei schnuckelige 2-Wege-Boxen mit einem Hohlraum im "Rücken", in dem sich in der einen Box die Kabel befinden und in der anderen ein kleines Aktiv-Pult mit eingebauter Endstufe - die einen Defekt aufwies. Jetzt stellt sich die Frage: Wie kommt man an die Innereien?
Bevor es tiefer in die "Eingeweide" des Gerätes geht, muss ich hier meinen Disclaimer loswerden:
In diesem Gerät geistert Netzspannung herum. Daran zu arbeiten, ohne einen Trenntransformator zu benutzen, ist schlichtweg Selbstmord. Und selbst MIT Trenntransformator sollte man genau wissen, was man tut und die alte Elektrikerweisheit beherzigen: IMMER eine Hand in der Hosentasche (damit nicht der Fall eintritt, dass ein Stromfluss in u.U. tödlicher Stärke von der einen Hand über das Herz zur anderen Hand fließt)! Dieser Text soll keinesfalls eine Reparaturanweisung sein, sondern ist lediglich ein Reparaturbericht, in dem ich die Schäden am mir vorliegenden Gerät beschreibe und die Art und Weise, wie ich's wieder zum Laufen bekommen habe.
Ich lehne jegliche Verantwortung für Schäden, die aufgrund des Nachvollziehens dessen, was ich hier beschreibe, entstehen, rundweg ab - Du bist selbst dafür verantwortlich, was Du tust!
Dass jeder Eingriff in ein solches Gerät den Verlust der Garantie nach sich zieht, soll ebenfalls erwähnt werden.
Gut - nachdem ich jetzt mein Gewissen beruhigt habe, kann es weitergehen....
Step 4: Abschirmblech abnehmen, dabei aufpassen, dass die Kabel nicht an der scharfen Kante verletzt werden.
Die große Platine am Grund des Gerätes enthält ein Schaltnetzteil für die Spannungsversorgung und die Class-D Endstufe.
Das Blech sorgt neben der mechanischen Stabilität auch dafür, dass die auf dieser Platine erzeugte Hochfrequenz nicht in das Mischpult "pfeift" bzw. im Idealfall das Gehäuse gar nicht verlässt und die Umgebung "verseucht".
Step 5: Das Netzteil und die Endstufe, die sich auf einer großen Platine befinden, ausbauen.
Blick auf den Kühlkörper des Endstufenbausteins.
Das isser: Der Baustein, der laut macht. Ein TDA8954 von NXP, ehemals Philips Halbleiter.
Laut Datenblatt ist das ein "2 × 210 W class-D power amplifier". Der Baustein wird in dieser Schaltung mit etwa +/-37V versorgt.
Nochmal eine andere Perspektive.
Man kann aufgrund der weißen Reste schon erahnen, dass bei der Montage des Kühlkörpers reichlich Wärmeleitpaste zum Einsatz kam.
Blick auf die Platine. Den IC hatte ich glaube ich mit der Heißluftpistole "herausgefönt".
Nach dem Einlöten des neuen Bausteins wurde die Schaltung vorsichtig unter permanenter Messung der Stromaufnahme und Einsatz aller Sinne (vor allem des Geruchssinns...!) vorsichtig wieder mit dem Regeltrenntrafo "hochgefahren". Das Signal der Bausteine am Ausgang wurde mit dem Oszilloskop überwacht.
In der Regel kann man diese IC's im kurzzeitigen, überwachten Testbetrieb auch mal ohne Kühlkörper (und ohne angehängten Lautsprecher!) betreiben.
Resultat: kein Ausgangssignal, Stromaufnahme steigt rapide an, Baustein wird heiss.
Hm. Was jetzt?
Eine nochmalige optische Inspektion der Bauteile ergab, dass die beiden größeren SMD-Widerstände links oben hier im Bild - R31 und R32 - zwar laut Aufdruck den gleichen Wert haben, aber unterschiedlich aussehen. Genau genommen sieht der eine dunkler aus als der andere .... eine Nachmessung ergab: der hellere (R31) hat einen schnellen Tod gehabt und ist gleich komplett durchgebrannt, während R32 sich offenbar gequält hat ....
Verfolgt man die Leiterbahnen bzw. misst man, wo die entsprechenden Signale hin gehen, dann stellt man fest, dass über diese beiden Widerstände die Versorgungsspannung der Vorstufe im Chip geführt wird.
-> GANZ HEISSE SPUR ...!!!
und tatsächlich: nach dem Austausch der beiden Bauteile war an beiden Ausgängen wieder ein schönes Rechtecksignal messbar.
Ich bin ein glühender Verfechter des "Hands-free"-Messens. Gerade bei leistungsstarken Endstufen kann der Schaden, den eine abgerutschte Messspitze verursachen kann, immens sein .....!
Das ist der Kühlkörper mit der Kontaktfläche zum IC.
Im rechten "Fach" liegt eine Glimmerscheibe, die die Metallfläche des Chips elektrisch vom Metall des Kühlkörpers isoliert. Bei der weißen Schmiere handelt es sich um Wärmeleitpaste, die dafür verwendet wird, um die Wärmeableitung zwischen dem IC und dem Kühkörper zu verbessern.
Das Problem dabei ist, dass Wärmeleitpaste per se gar kein so guter Wärmeleiter ist - sie dient nur dazu, kleinste Unebenheiten in den thermschen Kontaktflächen zu füllen und auch dort zumindest einen gewissen Wärmeübergang zu ermöglichen. Die Funktion wird z.B. bei Wikipedia erklärt: https://de.wikipedia.org/wiki/W%C3%A4rmeleitpaste
Und hier zeigt sich schon ein Problem: Der Kühlkörper ist nicht eben. In der Mitte, zwischen den Domen, ist ein Grat sichtbar, der beim Ausfräsen stehen geblieben ist. Sicherlich ist an dieser Stelle die Wärmeübertragung gut, aber in Summe ist die Auflagefläche kleiner als sie sein sollte - sicherlich ein Grund dafür, dass der Chip den Weg in den Halbleiterhimmel gefunden hat.
Insofern erschien es mir notwendig zu sein, nicht nur den IC zu wechseln, sondern auch dafür Sorge zu tragen, dass zumindest nicht DESWEGEN der nächste Baustein stirbt.
Schritt eins der "Behandlung": den bewussten Grat abfeilen. Ich wäre lieber einmal mit der Oberfräse drüber gegangen, aber leider habe ich keinen Zugriff auf ein solches Gerät - aus diesem Grund musste Handarbeit geleistet werden.
Der Nachteil hiervon ist halt, dass das Alu so zumindest mit meiner Feiltechnik und Ausstattung nie so plan wird, wie es sein könnte. Oder müsste.
Die erste Regel zur Kühlung von Halbleiterelementen lautet aber: Die Hitze muss weg vom Chip. Aus diesem Grund wurde beschlossen, den Chip direkt mit einem Aluklötzchen mit zu kontaktieren, um die komplette Auflagefläche, die der IC bietet, auszunutzen.
Das Aluklötzchen wurde von einem Strangprofil aus dem Baumarkt so abgesägt....
....dass es exakt in das "Fach" passt. Zwischen Klötzchen und Kühlkörper kam ein Klecks Wärmeleitpaste, wobei hier ein modernes "Phase Change Material" zum Einsatz kam, mit dem Kühlkörper thermisch an Prozessoren angekoppelt werden (gibt's beim Computerhändler um die Ecke).
Dieses Material schmilzt beim Erhitzen auf und füllt jede noch so kleine Unebenheit - was die Wärmeleitfähigkeit enorm verbessert.
kurz vor der Montage.
Im Datenblatt heißt es:
- The heat spreader of the TDA8954 is internally connected to VSSA
- Use a thermally conductive, electrically non-conductive, Sil-Pad between the TDA8954 heat spreader and the external heatsink
Heißt umgesetzt: Da der Kühlkörper bei diesem Design über die Schrauben elektrisch mit der Schaltungsmasse verbunden ist, muss zwischen die Metallfläche des IC's und den Kühlkörper ein Plättchen thermisch leitendes, aber elektrisch isolierendes Material - sowas gibt's mittlerweile bei allen gutsortierten Elektronikläden.
Oder bei eBay. ;-)
Und das war der erste Versuch.
Hat mich nicht glücklich gemacht - deswegen hab ich dann doch noch andere Abstandsbolzen eingebaut (aber leider nicht mehr fotografiert - ich wollte fertig werden!!)
Das ist übrigens der kleine Lüfter, der die Abwärme, die das System erzeugt, abführen soll.
Ich hab mich bis jetzt noch nicht getraut, die Endstufe mal wirklich richtig zu quälen - aber auch im Teillastbetrieb ist die Abluft schon gut warm.
Das ist halt der Kompromiss, der aufgrund des immensen Kostendrucks in diesem Marktsegment eingegangen werden muss.... aber zumindest hoffe ich, dass durch die verbesserte Wärmeableitung zumindest die im Endstufen-IC eingebauten Sicherheitsmechanismen beim nächsten "Bruchtest" eine Chance haben, den IC zu schützen, bevor auch dieser wieder in die ewigen Jagdgründe eingeht.